Literarische Berühmtheit erlangte das Sputumfläschchen durch Thomas Manns Der Zauberberg.
Schon auf der Fahrt vom Bahnhof zum Sanatorium Berghof, wo Hans Castorp seinen kranken Vetter Joachim besucht, darf er einen Blick auf die „flache, geschweifte Flasche aus blauem Glase mit einem Metallverschluß“ werfen. Joachim lässt sie jedoch gleich wieder in seine Manteltasche gleiten, mit den Worten: „Das haben die meisten von uns hier oben. […]. Es hat auch einen Namen bei uns, so einen Spitznamen, ganz fidel.“ Später erfährt Hans Castorp diesen Namen aus dem Mund der ungebildeten Frau Stöhr: „Ganz ohne Überwindung“, so Thomas Mann, „mit störrisch unwissender Miene, brachte sie die fratzenhafte Bezeichnung «Der Blaue Heinrich» über die Lippen.“
Quelle: Prof. Dr. Marion Maria Ruisinger
Vermutlich sind zwischen 1889 und 1940 mehr als eine halbe Million Taschenspuckflaschen hergestellt worden. Nur sehr wenige Exemplare sind erhalten geblieben.
Auf der Vorderseite stand
TASCHENFLASCHE FÜR HUSTENDE.
Später wurde auf beiden Seiten lediglich die Signatur Dettweilers eingeprägt. Auf die Patentnummer wurde verzichtet.
Sie wurde für 1,50 Mark verkauft. Das entspricht dem heutigen Wert von 9 €uro.
Die Firma Gebr. Noelle in Lüdenscheid hatte das Deutsche Reichspatent auf Dettweilers Erfindung angemeldet. Die No 51691 war auf der Rückseite deutlich eingeprägt.
Der Deckelverschluss war noch nicht gemarkt.
Das Patent bezog sich wohl nur auf den Deckel und den Trichter. Die Glaskörper kamen in verschiedener Form auch von anderen Herstellern.
Eleganter Verschluss des einfachen Taschenfläschchens für Hustende.
In dem Standardwerk
Prevention of Consumption wird
Dettweiler’s
"Blue Henry"
vorgestellt.
Vorwort
Robert Koch.
Inzwischen sind die Verpackungen der Spuckflaschen extrem selten geworden. Nur wenige haben die Haushaltsauflösungen und Entrümplungsaktionen bei verstorbenen Tuberkulosekranken überlebt. Vieles wurde aus Angst vor Ansteckung verbrannt und entsorgt.
Hier ist der Text französisch. Die Flasche stammt aus Lausanne. Vorbesitzer war W. Margot.
Jedenfalls ist der Karton auf der Unterseite so gestempelt.
Dieses Exemplar ist besonders kurios. Ein grüner Blauer Heinrich
von Geheimrath Dr. Dettweiler. Ein sehr seltenes Stück.
Gefunden bei Nikola Bunčić in Zagreb, Kroatien.
Wann, wie und warum diese Farbvariante entstand, ist unbekannt.
Diese blasse Farbvariante ist auch eher selten, aber nicht ganz so spektakulär wie die grüne Taschenspuckflasche.
Gefunden in Frankreich.
Dettweiler's Taschenfläschen für Hustende gab es auch aus Metall. Mehrere Hersteller haben das Original kopiert.
Möglicherweise waren die Patentrechte freigeworden, denn der Produzent Gebr. Noelle existierte in der ursprünglichen Form nicht mehr. Auch Dettweiler war zu dieser Zeit schon 25 Jahre tot.
Diese Taschenspuckflasche ist aus Aluminium, der übliche kobaltblaue Glaskörper durch Alu-Blech ersetzt. Dieses Modell, mit dem patentierten Springdeckelverschluss von Dettweiler, wurde in der Schweiz auf einem Flohmarkt gefunden.
Neben dem grünen Blauen Heinrich ein weiteres außerordentlich seltenes Exemplar.
Das Korpus erinnert an die damals gebräuchlichen Feldflaschen für Soldaten. Vieles deutet darauf hin, dass dies die militärische Version der üblichen Spuckflaschen aus Glas ist.
Allein im Ersten Weltkrieg erkrankten Millionen von Soldaten an Lungentuberkulose.
Im Zweiten Weltkrieg setzte sich das Problem fort und es gab noch immer keine wirksamen Medikamente.
Dr. S. Adolphus Knopf war 1895 bis 1896 Assistent von Dettweiler in Falkenstein und ging dann wieder nach New York zurück.
Er stammte ur-sprünglich aus Halle und war in die USA ausge-wandert. Dort war er maßgeblich an der Bekämpfung der Tuberkulose beteiligt.
Dieses silberne Exemplar wurde 1901 von Knopf kreiert. Der Deckel war identisch mit dem Dettweilers.
In Deutschland und der Schweiz wurde dieses Modell unter dem Markennamen "Discret" verkauft. Quelle: Phisick
Knopfs Taschenspucketui kostete doppelt so viel wie Dettweilers Original, also nach heutiger Kaufkraft etwa 18 €. War aber auch sicherer, weil kein Glas zerbrechen konnte.
Das Material: Aluminium vernickelt.
Zeitungsanzeige von 1902
In Amerika arbeitete Knopf mit der Firma KNY-Scheerer zusammen und entwickelte verschiedene Modelle.
Dieser Reformspucknapf unterscheidet sich von den gewöhnlichen Spucknäpfen dadurch, dass er nicht auf den Boden gestellt, sondern ungefähr in Tischhöhe an der Wand befestigt und mit der Wasserleitung in Verbindung gesetzt ist (...): er ist stets geschlossen; er kann nicht umgeworfen werden; er bietet der Fliege keinen Aufenthaltsort ...
ca. 1900
Die Hygienekampagnen halfen herzlich wenig, der Bodenbelag an öffentlichen Orten blieb glitschig. Es kam gar der blöde Witz auf: "Was ist ein Spucknapf? Antwort: ein kleiner Topf rundum den man spucken kann".
Quelle: Dr. Henri Kugener
Foto: © Prof. Dr. Marion Ruisinger, DMMI