Inspiriert durch die Lungenerkrankung seiner Frau Katia spielt der weltbekannte Roman in Davos zu einer Zeit ohne wirksame Medikamente gegen die gefürchtete Tuberkulose.
Als äußeres Vorbild für das Sanatorium Berghof diente Thomas Mann das Internationale Sanatorium Dr. Philippi in Davos-Dorf.
Die Beschreibung der inneren Räumlichkeiten entspricht hingegen dem Waldsanatorium. Es war 1911 eröffnet worden und ist bis heute in Familienbesitz.
Katia Mann kam nach Davos ins damalige Waldsanatorium, weil man bei ihr einen Lungenspitzkatarrh diagnostiziert hatte, der als beginnende Lungentuberkulose galt. Aus heutiger Sicht eine Fehldiagnose. Sie erreichte den Ort im März 1912, Mitte Mai kam Thomas Mann für einen Monat zu Besuch. Dieser Blick hat sich ihnen aus Zimmer 34 geboten. Thomas Mann wohnte währenddessen unterhalb in der Pension Villa am Stein.
Chefarzt des Waldsanatoriums in Davos war in den ersten beiden Jahrzehnten der in Schleswig-Holstein geborene Professor Dr. Friedrich Jessen. Er hat Katja Mann 1912 behandelt.
Thomas Mann übertrug im Zauberberg manche seiner Züge auf Hofrat Behrens.
Jessen war mit dem Vater von Alberto Giacometti bekannt.
Schon auf der Fahrt vom Bahnhof zum Sanatorium Berghof, wo Hans Castorp seinen kranken Vetter Joachim besucht, darf er einen Blick auf die „flache, geschweifte Flasche aus blauem Glase mit einem Metallverschluß“ werfen. Joachim lässt sie jedoch gleich wieder in seine Manteltasche gleiten, mit den Worten: „Das haben die meisten von uns hier oben. […]. Es hat auch einen Namen bei uns, so einen Spitznamen, ganz fidel.“ Später erfährt Hans Castorp diesen Namen aus dem Mund der ungebildeten Frau Stöhr: „Ganz ohne Überwindung“, so Thomas Mann, „mit störrisch unwissender Miene, brachte sie die fratzenhafte Bezeichnung «Der Blaue Heinrich» über die Lippen.“
Thomas Mann beschreibt ein "stummes" Fieberthermometer, welches verängstigte oder simulierende Patienten im Unklaren über die Höhe ihrer Temperatur lassen sollte. Handelte es sich bei der Stummen Schwester um rein dichterische Fiktion?
Nein, das Instrument existierte wirklich!
Dr. med. Aimé Mercier hatte im Januar 1896, seine neue Erfindung präsentiert: ein stummes Thermometer.
Die Glassäule allein, somit das eigentliche Thermometer, wurde dem Patienten zum Gebrauch überlassen; die Metallskala blieb in den Händen des Arztes. Nach erfolgter Messung schob der Arzt die Metallhülse über die Glassäule, brachte den Strich auf der Glassäule in Übereinstimmung mit dem Strich der Metallhülse und konnte so die Temperatur ablesen.
Das Stumme Thermometer wurde erstaunlich schnell vergessen. Weder für den Erfinder noch für die Herstellerfirma Hausmann ist das Instrument zum Geschäft geworden.
Meines Wissens befindet sich allein in der Sammlung des Deutschen Tuberkulose-Archivs an der Thoraxklinik der Universität Heidelberg eine Stumme Schwester als Nachbau.
Nach dieser Zeichnung wurde der Heidelberger Nachbau einer Stummen Schwester angefertigt.
Die Hülse von einem zahntechnischen Labor, das Thermometer ohne Graduierung von einer Firma in Thüringen.
Quelle:
Prof. Dr. Volker Schulz
2. Vorsitzender des Deutschen Tuberkulose-Archivs, Heidelberg
Zitat aus dem "Zauberberg":
„Da war im vorigen Jahre Fräulein Kneifer, Ottilie Kneifer, durchaus von Familie, die Tochter eines höheren Staatsfunktionärs. Sie war wohl anderthalb Jahre hier und hatte sich so vortrefflich eingelebt, dass sie, als ihre Gesundheit vollkommen hergestellt war - denn das kommt vor, man wird zuweilen gesund hier oben -, dass sie auch dann noch um keinen Preis fort wollte. Sie bat den Hofrat von ganzer Seele, noch bleiben zu dürfen, sie könne und möge nicht heim, hier sei sie zu Hause, hier sei sie glücklich; da aber lebhafter Zudrang herrschte und man ihr Zimmer benötigte, so war ihr Flehen umsonst, und man beharrte darauf, sie als gesund zu entlassen. Ottilie bekam hohes Fieber, sie ließ ihre Kurve tüchtig ansteigen. Allein man entlarvte sie, indem man ihr das gebräuchliche Thermometer mit einer „Stummen Schwester” vertauschte. - Sie wissen noch nicht, was das ist, es ist ein Thermometer ohne Bezifferung, der Arzt kontrolliert es, indem er ein Maß daran legt, und zeichnet die Kurve dann selbst. Ottilie, mein Herr, hatte 36,9, Ottilie war fieberfrei.”
Kernstück der Luftliegekur war der sogenannte "Davoser Liegestuhl", den Peter Dettweiler entworfen hatte. Bei jedem Wetter und zu allen Jahreszeten wurden diese speziellen Liegestühle auf den offenen Balkonen und Terrassen der Sanatorien genutzt. Die Matratze, optimal dem Körper angepasst, der Fellsack, die Wolldecke und eine warme Bettflasche ermöglichten die Liegekur auch an den kältesten Wintertagen. Dr. Karl Turban verwendete den Liegestuhl als Erster für sein Sanatorium in Davos. Bald war die Liege in allen Schweizer Sanatorien präsent. Daher der Name.
„Es konnte für das Wohlsein ruhender Glieder überhaupt nicht humaner gesorgt sein als durch diesen vorzüglichen Liegestuhl.“
...und damit ging er hinüber, wo gleichfalls ein Liegestuhl nebst Tischchen aufgeschlagen war, holte sich Ocean Steamships und sein schönes weiches, dunkelrot und grün gewürfeltes Plaid aus dem reinlich aufgeräumten Zimmer und ließ sich nieder. (...) er erinnerte sich nicht, dass ihm je ein so angenehmer Liegestuhl vorgekommen sei. Das Gestell, ein wenig altmodisch in der Form – was aber nur eine Geschmacksspielerei war, denn der Stuhl war offenbar neu – bestand aus rotbraun poliertem Holz und einer Matratze mit weichem, kattunartigem Überzug, eigentlich aus drei hohen Polstern zusammengesetzt, reichte vom Fußende bis über die Rückenlehne hinauf. Ausserdem war vermittels einer Schnur eine weder feste noch zu nachgiebige Nackenrolle mit gesticktem Leinenüberzug daran befestigt, die von besonders wohltuender Wirkung war...»
„Man lag ganz ungewöhnlich bequem, das stellte Hans Castorp sogleich mit Vergnügen fest. - Er erinnerte sich nicht, daß ihm je ein so angenehmer Liegestuhl vorgekommen sei ... Er schlug die Kamelhaardecke zuerst von links der Länge nach bis unter die Achsel über sich, hierauf von unten über die Füße und dann von rechts, so daß er endlich ein vollkommen ebenmäßiges und glattes Paket bildete, aus dem nur Kopf, Schultern und Arme hervorsahen."
Von Hamburg bis dort hinauf, das ist aber eine weite Reise! Zwei Tage währt die Fahrt des jungen Mannes mit dem Zug in die Schweiz, »dahin über Schlünde, die früher für unergründlich galten«. Und wie die Dampfmaschine im Gebirge sich quält! Gebannt legt der Schiffbau-Ingenieur seine Lektüre aus der Hand, ein Buch über Ocean Steamships , »indes der hereinstreichende Atem der schwer keuchenden Lokomotive seinen Umschlag mit Kohlenpartikeln verunreinigte«.
Die Legende besagt, dass die Fahrkarten für die Eisenbahn nach Davos bis zur Heilung gültig waren.
Modell einer beheizten Kutsche für den Patiententransport