Luftliegekur in Falkenstein 1886
Die Freiluftkuren wurden bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit in offenen Liegehallen durchgeführt. Dettweiler entwickelte einen besonders komfortablen Liegestuhl, um den Patienten das lange Verharren auf dem Rücken so angenehm wie möglich zu machen.
Die Patienten mussten täglich sechs bis zehn Stunden im Freien verbringen, eingemummt in dicke Decken.
Luftliegekur in Falkenstein 1894
Katia Mann, Ehefrau des Schriftstellers, kam nach Davos ins damalige Waldsanatorium, weil man bei ihr einen "Lungenspitzkatarrh" diagnostiziert hatte, der als beginnende Lungentuberkulose galt. Sie erreichte den Ort im März 1912, Mitte Mai kam Thomas Mann für einen Monat zu Besuch. Dieser Blick hat sich ihnen aus Zimmer 34 während der Liegekur geboten. Thomas Mann wohnte währenddessen unterhalb in der Pension Villa am Stein.
Das ähnlich luxuriöse Sanatorium Schatzalp Davos kostete 1910 täglich 14,50 Schweizer Franken. Inklusive sieben Mahlzeiten (!) am Tag, medizinische Versorgung, Dusche, Bad, Heizung und elektrischem Licht.
Nach heutigem Wert ca. 60 €uro.
Das könnte ich mir auch leisten.
Kernstück der Luftliegekur war der sogenannte "Davoser Liegestuhl", den Peter Dettweiler entworfen hatte. Bei jedem Wetter und zu allen Jahreszeiten wurden diese speziellen Liegestühle auf den offenen Balkonen und Terrassen der Sanatorien genutzt. Die Matratze, optimal dem Körper angepasst, der Fellsack, die Wolldecke und eine warme Bettflasche ermöglichten die Liegekur auch an den kältesten Wintertagen. Dr. Karl Turban verwendete den Liegestuhl als Erster für sein Sanatorium in Davos. Bald war der Stuhl in allen Schweizer Sanatorien präsent. Daher der Name.
Thomas Mann widmet der Davoser Liege Lobeshymnen: „Es konnte für das Wohlsein ruhender Glieder überhaupt nicht humaner gesorgt sein als durch diesen vorzüglichen Liegestuhl.“
Für jene Patienten, deren Zimmer nicht über einen Balkon verfügten, gab es die allgemeinen Liegehallen. Hier verbrachten sie ihre Tage, ihre Jahre.
Die Liegekur wurde bei jedem Wetter eingehalten - auch bei Schneegestöber.
Im Ersten Weltkrieg erkrankten zwischen 1914 und 1918 fast eine halbe Million Soldaten allein der österreichisch-ungarischen Armee an Tuberkulose. Entsprechende Zahlen galten für alle Kriegsparteien.
Nicht nur in mondänen Kurorten wurden Luftliegekuren durchgeführt. Auch an Tuberkulose erkrankte Soldaten sollten mit dieser Behandlung geheilt werden, da es keine wirksamen Medikamente gab. In einfachen Aufbauten aus Gerüsten und Planen wurden Liegekuren durchgeführt.
Das Foto entstand im Militärstandort Wünsdorf bei Berlin (1915 -1918). Mit Fortdauer des Krieges wurden immer häufiger auch Männer eingezogen, die an Tuberkulose litten.
Folgerichtig könnte dieses Modell eine militärische Version der Taschen-spuckflasche von Peter Dettweiler sein. Das Material entspricht den üblichen Feldflaschen. Sozusagen ein "Blauer Heinrich" aus Aluminium.
... Text folgt.
Die Erfindung der Luftliegekur und die Heilstättenbewegung bleiben ein erstaunliches, in ihrem Ausmaß nicht erklärbares Phänomen.
Die Liegekur ist wohl das eindrücklichste Beispiel für eine erfolgreiche psychosomatische Behandlung einer organischen Erkrankung. Bis zur Einführung wirksamer Medikamente nach dem
Zweiten Weltkrieg blieb sie die wichtigste Maßnahme der Behandlung bei Tuberkulose.